Geschichte bzw. Herkunft des Maremmano-Schäferhundes
Der Maremmano-Abruzzese ist eine der großen weißen Hirtenhundrassen, die, wie der Name schon sagt aus der Maremma und den Abruzzen stammt. Es ist eine sehr alte Rasse: Sie lässt sich auf Herdenschutzhunde aus dem Mittlerem Osten zurückführen, die über Griechenland nach Italien kamen. Schon im ersten Jahrhundert vor Christus ist dieser Hund von Römern beschrieben worden. Seither wird ohne Einkreuzungen rein gezüchtet.Ursprünglich unterschied man zwei Lokalschläge: Maremmaner und Abruzzer, welche leichte Unterschiede z.B. in Körperbau und Felldicht aufwiesen. Sie wurden Anfang der 50er Jahre als eine Rasse erkannt und seitdem in einem gemeinsamen Zuchtbuch geführt. Der italienische Hirtenhund war stets ein Arbeits- und kein Ausstellungstier. Dies war sein Glück: Er blieb verschont von züchterischen „Verschönerungen“, die leider so oft zu Überzüchtungen und somit diversen Anfälligkeiten, Krankheiten oder Behinderungen führen. Bei angemessener, artgerechter Haltung ist der Maremmano-Abruzzese so gut wie nie krank. Da er außerdem keine züchtungsbedingten Erbkrankheiten hat, erreicht er oft ein hohes Alter.Außerhalb Italiens war die Rasse lange Zeit wenig bekannt. Kleine Bestände bestehen in England, Schweden, den Niederlanden und den USA. Auch in Deutschland und der Schweiz finden diese Hunde langsam immer mehr Freunde, die von deren Schönheit und insbesondere ihrem eigensinnigen Charakter regelrecht fasziniert sind. Die wenigen hiesigen Tiere stammen alle direkt aus Italien.
Rassenbeschreibung Im FCI Standard 201 Maremmaner in der Gruppe der Hüte- und Treibhunde geführt. Die Schulterhöhe beträgt bei Rüden 65-73 cm, bei Hündinnen 60-68 cm. Ihr Gewicht liegt bei 34-45 kg bei männlichen und bei 30-40 kg bei weiblichen Tieren. Die Behaarung ist üppig und lang. Die Farbe ist Reinweiß, Elfenbein oder Falb an den Ohren ist zulässig. Nasenspiegel, Krallen, Fußsohlen und Schleimhautränder sind schwarz. Der Körper steht im rechteckigen Rahmen, der Hund wirkt majestätisch, kräftig, aber anmutig. Es wird großer Wert auf elegante, schwungvolle Bewegungen gelegt. Der Kopf misst vier Zehntel Widerristhöhe und ist halb so breit wie lang. Die Ohren sind dreieckig, dünn und kurz behaart, hoch angesetzt, hängend und anliegend. Die Augen sind schwarz oder dunkelbraun und mandelförmig. Der Hals muss sehr kräftig mit deutlicher Mähne sein. Verboten sind andere Farben als weiß, stark gewelltes Haar, helle Augen, abweichende Ohrhaltung, Afterkrallen oder ein Kurzschwanz. Ingesamt ergibt sich eine harmonische Erscheinung. Dem Hund ist nichts „weggezüchtet“ worden. Die Proportionen stimmen. Es ist eine Freude, diese Tiere laufen zu sehen: elegant, anmutig und verblüffend schnell. Sie haben eine durchaus bemerkenswerte Mimik: Sie können lachen, ganz getrübt oder auch sehr vernichtend gucken.
Arbeitseinsatz Maremmaner wurden schon immer und werden heute noch als Hüte- und Hirtenhund hauptsächlich in Schafherden eingesetzt, d.h. sie treiben die Herde und helfen dem Schäfer bei ihrer Bewachung und Verteidigung. Nachts bleiben die Schafe draußen in mobilen Gehegen und während der Schäfer nach Hause geht, kümmert sich der Hund allein um die Herde. Neugeborene Lämmer werden in den ersten Tagen (besonders von der Hündin) nicht aus den Augen gelassen. Sie scheint dann fest davon überzeugt zu sein, dass das Lamm ohne ihre Bewachung überhaupt nicht klarkommen kann. Man konnte schon erleben, dass die Hunde bellend zu ihren Schäfern kamen, wenn ihrer Meinung etwas nicht in Ordnung war. Meistens war es dann auch tatsächlich so. Der Maremmano-Abruzzese arbeitet auch als Bewacher und Beschützer der Landhäuser und der Familien. Er ist dabei außerordentlich aufmerksam und zuverlässig. Er scheint genau zu wissen, was wirkt. Die Hunde stellen sich am Zaun oder am Tor vor dem fremden Eindringling auf und machen sich so groß, wie sie können. Sie sträuben die Nackenhaare, richten den Schwanz auf und verbellen mit möglichst tiefer Stimme jeden, den sie nicht kennen. Sollte der dann tatsächlich auf die Idee kommen, weitergehen zu wollen, kann man ja noch erschreckend knurren. Sie lassen sich dabei überhaupt nicht beirren, ganz egal, wie lange es dauern sollte. Geht der Fremde wieder, sehen sie das offensichtlich ganz und gar für sich zufrieden als Erfolg und gehen wieder auf ihren Beobachtungsposten zurück. Wenn der Herr da ist und den Besucher begrüßt, hören sie sofort mit ihren „Vertreibungsversuchen“ auf und verhalten sich freundlich, aber eher zurückhaltend. Bestimmt meinen sie, jetzt sei ich wohl für alles weitere verantwortlich. Der Maremmenhund wurde stets als Arbeitstier benutzt.
Charakter Der Charakter des Maremmaners kann nur vor dem Hintergrund seiner jahrtausendelangen Aufgabe im Herdendienst und als Wachhund verstehen. Er bewacht und beschützt das ihm Anvertraute ohne Kompromisse mit größter Hingabe. Das hält er für seine Pflicht, und dann kann man sich doch als ordentlicher Hund nicht einfach abbringen lassen. Es kann doch nicht richtig sein, dass sich in der Nähe des Zauns etwas bewegt oder sogar Krach macht, ohne dass ein verantwortungsbewusster Maremmano nachschaut, was da sein könnte… oder zumindest erst einmal warnend bellt, bevor es noch schlimmer kommt. Es geht natürlich auch nicht an, dass man einfach so , nur weil Frauchen aus dem Fenster gerufen hat, glaubt, dass das alles ungefährlich sei. Wenn man schon selbst nicht durch den Zaun bis dahin gehen kann, dann ist es doch das Mindeste, dass sie sofort hierher kommt und sich auch das einmal anschaut! Überhaupt gibt es unverständliche Dinge wie zum Beispiel immer dieses Rufen „komm!“. Als Maremma sucht man sich einen guten Beobachtungspunkt, möglichst hoch und in der Nähe des Zauns, damit man jede Gefahr möglichst früh erkennt. Es wäre ja geradezu fahrlässig, nur wegen „komm“ ohne sichtbaren Grund, ohne erkennbare wichtigere Aufgabe einfach wegzugehen – da muss ja was passieren! Auf Spaziergängen muss man als Maremma natürlich darauf achten, dass Frauchen nichts passiert. Aber wie soll man eine Gefahr früh erkennen, wenn man direkt neben ihr bleibt? Da muss man doch in großem Abstand vor und neben ihr laufen, damit erst gar nichts herankommen kann. Dieser ausgeprägte Schutztrieb bezieht sich abhängig von der Haltung auf alles, wofür sich der Hund verantwortlich fühlt: die Schafe, das Grundstück, das Haus, die Familie, die Kinder. Das ist dann jeweils sein „ein und alles“!Der Maremmano-Abruzzese ist also sehr eigenwillig und bestimmt kein Hund für Jedermann. Wer einen unterwürfigen „Befehlsempfänger“ sucht, ist an der falschen Adresse. Die Hunde sind sehr robust, mutig und durchaus gutmütig. Sie sind selbständig und zuverlässig, richtig gute Kumpels. Sie sind freundliche, zuverlässige Freunde, die aber auch so behandelt werden wollen und müssen. Maremmaner treiben die Herde und helfen den Schäfer bei der Bewachung und Verteidigung.
Erziehung Es ist an sich recht einfach und macht sehr viel Spaß, junge Maremmaner zu erziehen. Sie sind regelrecht lernbegierig und dabei sehr feinfühlig. Wenn man ihnen etwas gezeigt hat und sie auch noch kräftig dafür gelobt hat, sind sie völlig begeistert und wollen es gleich noch einmal machen. Nach wenigen Wiederholungen innerhalb einiger Tage „sitzt“ die Übung schon. Grundsätzlich kann man davon ausgehen, dass sie immer versuchen, alles richtig zu machen. Man hat es schon oft erlebt, dass die Hunde, wenn sie etwas Neues tun, zuerst zu ihrem Herrn schauen, um zu sehen, was er wohl sagen wird. Wenn dann ein Tadel kommt, hören sie eigentlich sofort auf. Die Tiere haben ein ausgezeichnetes Gedächtnis. Das gilt natürlich auch für zu harte und ungerechte Strafen. Je nach Charakter reagieren sie dann, als sei die Welt untergegangen. Es ist angebracht, Maremmas freundlich ruhig und geduldig und sehr konsequent zu zeigen, was von ihnen erwartet wird. Schläge oder Gebrüll führen bestenfalls zu nichts, meist zu Verschüchterung oder Auflehnung. Die Rasse ist vom Hause aus sehr selbständig und somit eigenwillig, was eine klare Rangordnung zwischen Herr und Hund wichtig macht. Der Maremmane wird sich, wie gesagt, nicht unterwerfen, aber er akzeptiert vom „Rudelführer“ gesetzte Grenzen und Verbote. Das setzt freilich voraus, dass absolut klar ist, wer der Chef ist. Darauf ist insbesondere während der Pubertät der Rüden zu achten. Durch freundliche, geduldige Konsequenz erreicht man so gut wie alles. Viele sagen „Der Maremma hört aufs Wort, nur nicht aufs erste.“ Maremmanen halten sich gerne draußen auf.
Haltung Maremmaner sind sehr anpassungsfähig an unterschiedlichsten Klimate: In ihrem Verbreitungsgebiet wurden die Herden im Winter in trockenen, niedrigen Gebieten, im Sommer auf grünen Bergwiesen geweidet. Sie halten sich gerne ständig draußen auf. Selbst bei schlechtestem Wetter suchen sie erst sehr spät eine geschützte Ecke. Man kann sie sehr gut in das Haus lassen: Sie sind schnell stubenrein, sind immer vorsichtig, trotz ihrer Größe nichts kaputt geht und akzeptieren, dass trotz geöffneter Tür manche Räume nicht betreten werden dürfen. Interessanterweise riechen Maremmas bei noch so feuchten Wetter überhaupt nicht. Das sollte aber Niemanden auf die Idee bringen, diese Hunde in einer Stadtwohnung halten zu wollen. Sie brauchen viel mehr Bewegung und Freiheit, als auch noch so regelmäßige und ausgedehnte Spaziergänge bringen können. Und vor allen Dingen: Sie brauchen unbedingt eine Aufgabe. Nur da sein und gestreichelt werden, findet ein Maremmaner zwar auch ganz prima, aber doch nicht den ganzen Tag…Nach dem bisher gesagtem, versteht es sich wohl selbst, dass diese Hunde weder Ketten vertragen, noch in einem Zwinger gehören. Beides bedeutet eines unverhältnismäßige Beschränkung ihrer natürlichen Verhaltensweise. Ihr Fell ist zwar weiß und lang und dicht, bedarf aber keiner großen Pflege. Einmal wöchentliches Kämmen genügt, um Verfilzungen zu vermeiden. Nach Ausflügen im Herbst kommen die Hunde manchmal eher braun als weiß nach Hause – aber keine Aufregung: Sobald der Hund wieder getrocknet ist, fällt fast aller Schmutz von allein ab. Den Rest kann man leicht auskämmen. Diese schutzabweisende Eigenschaft des Fells schadet man durch Shampoo nur, weshalb Baden nicht zu empfehlen ist. „Wir lassen unsere Hunde den ganzen Tag frei auf einer Fläche von mehr als einem Hektar laufen!“ Man kann immer wieder beobachten das die Hunde am liebsten auch noch das benachbarte Ackerland mit in Besitz nehmen würden. Sie haben hier die Aufgabe auf das Haus und das Grundstück zu achten.Der Maremma frisst im Vergleich mit anderen Rassen ähnlicher Größe relativ wenig. Es besteht oft der Fall, dass sie ab und zu ihre Mahlzeiten von sich auslassen. Diese Hunde überfressen sich nicht. Es scheint auch keine überwichtigen Tiere zu geben. Ihre Zucht ist nicht einfach, weil die Hunde mit geringem Geschlechtstrieb problemloser arbeiten, so dass im Laufe der Zeit eine quasi natürliche Selektion in dieser Beziehung stattfand. Es findet sich eine gewisse Unregelmäßigkeit der Hitze bei Hündinnen. Es sind männliche und weibliche Tiere beschrieben, die keinerlei Decklust zeigen.
Quelle: „Tierwelt“, Hans-Peter Blättler